Sven Väth bekommt die Goethe-Plakette, Talla 2XLC hat schon eine Ehrenplakette der Stadt Frankfurt 2010 erhalten und nun kommt 2017 auch ein Museum zur elektronischen Musikkultur nach Frankfurt.
Man könnte meinen die Stadt und Ihre Politiker sind sehr engagiert und interessiert, wenn es um die Frankfurter Clubkultur und vor allem elektronische Musik ginge. Das sieht der Verein „Clubs am Main“ etwas anders und findet klare Worte in einer Pressemitteilung zur aktuellen Lage und spricht dabei verschiedenste Themen an.
„Ehrenplaketten sind schön, nachhaltige strukturelle Förderung wäre wichtiger!“ heisst es in der Pressemitteilung.
Pressemitteilung – Clubs am Main – 10. Juni 2015
Frankfurt bekommt ein Technomuseum, aber
Clubs am Main e.V. fordert von der Stadt stärkeres politisches Engagement für die Veranstalter- und Clubszene
Dass der Techno als Kulturgut in ein Museum gehört, ist keine Forderung mehr, es ist inzwischen eine Tatsache. Längst treten Kraftwerk, die Pioniere der elektronischen Musik, mit
ihrem künstlerischen Gesamtwerk in den wichtigsten zeitgenössischen Kunsthallen auf. DasGoethe-Institut schickt Vertreter der Techno-Szene als Kulturbotschafter um die Welt.
Elektronische Musik „Made in Germany“ ist ein Exportschlager, Techno ist Hochkultur. Im Januar diesen Jahres widmete das Frankfurter Museum für Angewandte Kunst RobertJohnson-Gründer Ata Macias eine komplette Ausstellung.Mit dem MOMEM, dem Museum Of Modern Electronic Music, soll in Frankfurt nun eine einzigartige Ereignisstätte entstehen, die die Geschichte der elektronischen Musik dokumentiert und erlebbar machen wird. Clubs am Main, das regionale Netzwerk für Veranstaltungs- und Clubkultur in Frankfurt/Rhein-Main, begrüßt diese Entwicklung ausdrücklich und wünscht den Machern viel Erfolg bei der Realisierung. Mit dem MOMEM erhält die Stadt ein weiteres Aushängeschild, das sich in die lange Tradition bürgerschaftlichen Engagements einreiht und ausschließlich aus privaten Geldern finanziert ist. Die Stadt Frankfurt sonnt sich dabei einmal mehr in der internationalen Aufmerksamkeit, die sie durch die kreative Leistung von lokalen DJs, Produzenten, Labels und Veranstaltern erhält. Doch während das kulturelle Angebot aus Live- und Nachtclubs in Städten wie Berlin, Hamburg, Köln und mit Einschränkungen sogar in Offenbach längst als einer der weichen Standortfaktoren im Wettbewerb um Investoren, Arbeitsplätze und kreative Köpfe erkannt wurde und auch aktiv gefördert wird, trägt die Stadt Frankfurt fast nichts dazu bei, die Entwicklung gegenwärtiger und zukünftiger Clubkultur zu unterstützen.
„Es ist nicht ausreichend, Sven Väth für seine berechtigten Verdienste um die elektronische Musik mit der Goetheplakette auszuzeichnen, gleichzeitig aber tatenlos dem Clubsterben in Frankfurt zuzusehen“ führt Matthias Morgenstern, Vorsitzender von Clubs am Main aus, und fährt fort: „Seit Jahren schrumpft das Angebot an Clubs in der Stadt, das gilt für kleinere Initiativen in sogenannten Off-Locations ebenso wie für ‚Leuchtturmprojekte‘ wie den ehemaligen Cocoon Club. Die Rahmenbedingungen für die wenigen, noch überlebenden Clubs werden von Jahr zu Jahr schwieriger.“
Musikveranstalter in Frankfurt sehen sich mit vielfältigen strukturellen Problemen konfrontiert: Beginnend bei fehlenden Freiräumen für neue Veranstaltungen und Konzepte, über
mangelnden Schutz von Kulturräumen vor Aufwertung und Nachverdichtung, bis hin zu fehlenden Möglichkeiten, Veranstaltungen auf kostengünstigen Plakatflächen zu bewerben.
Hinzu kommen die explodierenden Miet- und Pachtpreise in Rhein-Main und nicht zuletzt die jährlich steigenden Urheberrechtsabgaben an die GEMA, die andernorts teilweise Gegenstand einer Förderpolitik sind. All dies entfaltet einen kaum zu bewältigenden Kostendruck.Es sind aber nicht nur die finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen, die Clubbetreiber verzweifeln und aufgeben lassen, sondern auch das wachsende Gefühl, von der Stadtpolitik zunehmend alleine gelassen zu werden. Besucher von Clubs und Festivals werden auf und von ihrem Weg zu Veranstaltungen Opfer überzogener polizeilicher Kontrollen und als potentiell kriminell stigmatisiert. Seit zwei Jahrzehnten finden zum ersten Mal wieder Razzien in Frankfurter Clubs statt, Veranstalter werden mit der Präventionsarbeit alleingelassen, der vielbeschworene Frankfurter Weg wird zusehends ausgehöhlt. Die Stadtpolitik sieht tatenlos zu und schweigt ebenso wie der zuständige Ordnungsdezernent. Die von von Clubs am Main eingeforderte Teilnahme an den sogenannten Montagsrunden wurde zwar – sogar schriftlich – begrüßt, auf eine Einladung warten wir jedoch seit über einem Jahr vergeblich, obwohl in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit der regelmäßigen Beteiligung der Club- und Veranstalterszene an diesem Expertentreffen gemacht wurden.
Ehrenplaketten sind schön, nachhaltige strukturelle Förderung wäre wichtiger! Hier ist weitaus größeres Engagement auch der anderen städtischen Ämter gefordert, sei es in Form des Stadtplanungsamtes, z.B. bestehende Programme für die Kreativwirtschaft inhaltlich auszuweiten oder in Form des Kulturamtes wenigstens faire Förderrichtlinien für alle umzusetzen, anstatt fragwürdige Partyreihen in hochsubventionierten Kultureinrichtungen wie Städel, Schirn, Mousonturm und Schauspiel Frankfurt mit öffentlichen Geldern weiter zu füttern, während die Frankfurter Clubkultur ohne jegliche Unterstützung zusehends ausblutet. Clubs am Main fordert die Stadt Frankfurt auf, wieder stärker in den Dialog mit der Club- und Veranstalterszene zu treten, um gemeinsam Rahmenbedingungen zu entwickeln, innerhalb derer sich auch zukünftig in dieser Stadt Clubkultur entfalten kann, damit diese eines Tages nicht mehr nur noch im Museum stattfindet.
Aus diesem Grund wird auch Clubs am Main für die Kommunalwahl 2016 in Frankfurt Wahlprüfsteine entwickeln, in denen wir die politischen Parteien mit relevanten Themen aus der Club- und Veranstalterszene zur Stellungnahme auffordern werden.
Medienkontakt:
Marc Rodrigues, 0151 / 66 888 199,
Clubs am Main e.V. ist das regionale Netzwerk für Veranstaltungs- und Clubkultur in Frankfurt/Rhein-Main.
Als Regionalverband der LiveMusikKommission kümmert sich der Verein seit 2012 um die Kooperation und berufsständische Belange der kleinen und mittleren Musikspielstätten und Veranstalter in der Region.