Comicverfilmungen sind ja mittlerweile ein eigenes Subgenre geworden, sowohl beim Kinofilm, als auch bei Serien. Und so hat sich im Laufe der letzten Jahre so einiges an Heldengeschichten in bewegten Bildern angehäuft. Doch wie auch in anderen Subgenres gibt es Unterschiede in der Art der Darstellung und Inszenierung. Mal lockerer und bunter, mal ernster und düsterer.
Der Comic an sich ist in seiner Episodenform eigentlich wie geschaffen für das Serienformat. Dies haben mittlerweile immer mehr Serienschaffende erkannt. Arrow, The Flash, Supergirl, Gotham, Marvel´s Agents of S.H.I.E.L.D. sind einige der aktuellen Serien, die auf Comicvorlagen beruhen. Ganz vorne mit dabei ist ist auch der Onlineanbieter Netflix. Mit Daredevil hat dieser die wohl momentan beste Serienadaption auf dem Markt. Mit der 2. Staffel toppt man es sogar nochmals.
Daredevil ist so etwas wie der „Dark Knight“ unter den Serien, denn da wo Nolans 2. Batman Kinofilm punktete, da punktet auch Daredevil. Die Serie ist düsterer, ernster und mit der Einführung des Punisher in der 2. Staffel auch extremer geworden.
Eigentlich gehört die Geschichte um den blinden Anwalt in Hell´s Kitchen von New York, der zum Daredevil wird, nicht unbedingt zu meinen Favoriten. Doch sie war mir geläufig und das Serienpotenzial war von Anfang an offensichtlich. Mit der 1. Staffel konnte Netflix dann auch auf ganzer Linie mit dem Projekt überzeugen.
Die Origin-Story hatte man dabei in kleineren Rückblenden erzählt und gut eingearbeitet und nicht zu einer nervigen Angelegenheit aufgebauscht. Was auffiel war der wesentlich erstere Ton der Serie. Die Charaktere haben alle ihren ganz eigenen Tiefgang und vor allem die Hauptcharaktere, der Anwalt Matt Murdock aka Daredevil, und sein Gegenspieler, der Gangsterboss Wilson Fisk aka der Kingpin, sind grandios in Ihrer Darstellung und Ausarbeitung.
Ich war sehr gespannt, wie denn der Kingpin interpretiert wird, kannte ich ihn doch zur Genüge aus den Spiderman Comics. Das Ergebnis ist durchweg eine gelungene und fantastische Darstellung, was vor allem auch an Vincent D’Onofrio liegt, der diesen spielt. Die Figur hat viel Tiefgang und Ihre Vielschichtigkeit des Charakters ist eine der Stärken. Dies kommt vor allem auch durch die Ursprünge des Charakters und den daraus entstandenen Auswirkungen auf sein aktuelles Ich.
Die Entwicklung des Daredevil und wie dieser zu seiner Heldenrolle in Hell´s Kitchen herranwächst, wurden gut und bedachtsam inszeniert. Das dabei auch immer wieder die inneren Widersprüche der Figur offengelegt wurde zeigt, dass dieser Held eben kein Abziehbild ist, sondern man ihn ernsthafter betrachtete und umsetzte.
So war die 1. Staffel, bestehend aus 13 Folgen, mit der anfänglichen Entwicklung zum Daredevil und die Geschichte des Kingpin schon ein echt stark inszeniertes Stück. Die Ankündigung des Punisher zur 2. Staffel ließ mein Comic-Liebhaberherz dann so richtig höher schlagen. Seit dem 18. März ist die 2. Staffel auf Netflix zu haben und diese hat es wirklich faustdick hinter den Ohren.
Obwohl ich im echten Leben Gewalt verabscheue, gehört der Punisher zu einer meiner Lieblingsfiguren im Marvel Universum. Vielleicht gerade wegen des krassen Gegensatzes und der Kompromisslosigkeit mit der er vorrangeht. Er ist ein Anti-Held, für den Gewalt das Mittel zum Zweck ist. In den Comics geht der Punisher mit Kriminellen und dem Abschaum gegen den er kämpft nicht zimperlich um. Ehemals gut an der Waffe und in Kampftechniken ausgebildet, ist er eine erbarmungslose Maschine, die auch ohne Waffen zu einer tödlichen Bedrohung wird. Doch auch er hat bei all seinem blutigen Tun ein Ehrenkodex.
Einst war der Punisher als Frank Castle ein liebender Familienvater, doch der gewaltsame Verlust seiner Familie hinterließ seine Spuren. Er ist ein Rachetyp, der sich auf die Suche nach den Verantwortlichen seines größten Verlustes macht. Daraus wird letztendlich die Bestimmung, all das Übel auf dieser Welt auszulöschen.
Auch in Daredevil ist die Suche nach der Wahrheit und die Rache natürlich ein zentrales Thema. Leichte Anpassungen für diese Serie sind hinzunehmen und bleiben durchweg sehr passend eingearbeitet.
Gespielt wird der Punisher von Jon Bernthal, den man vor allem aus “The walking Dead” kennt. Der Ankündigung, dass er dieser Figur Leben einhaucht, stand ich von Anfang an sehr positiv gegenüber und ich wurde nicht enttäuscht.
Seine Darstellung ist was ich mir erhofft hatte und übertrifft es sogar. In meinen Augen hat er die vorbelastete Figur des Punisher und die pragmatischen Vorgehensweise hervorragend eingefangen. Die aus dem inneren Schmerz gewonnene dunkle Energie kommt immer wieder, auch schon mal in Gewaltausbrüchen, zum Vorschein. Es gibt der Figur genau, was ich von ihr erwarte.
Mit dem Punisher steigt der Gewaltgrad in der Serie, um ein Vielfaches. Das ist von den Machern auch konsequent umgesetzt und sehr zu begrüßen. Denn alles andere hätte der Figur des Punisher und damit auch der Serie nur geschadet.
Der Kontrast zum Daredevil der nicht tötet, könnte dabei nicht größer sein. Dies ist dann auch immer wieder eine zentrale Frage, die im Raum steht. Nicht nur, weil der Punisher dieses Thema ebenso aufgreift, sondern auch weil Elektra, eine weitere neu eingeführte Figur, den Tod anderer in Kauf nimmt.
Elektra ist ebenfalls eine bekannte Figur aus dem Umfeld der Daredevil-Comics und ist in der 2. Staffel auch zum ersten Mal mit dabei. Als Figur aus den Comics ist sie mir durchaus bekannt, doch fehlt mir bei ihr das Hintergrundwissen. Jedoch habe ich auch hier das Gefühl, dass die Macher der Serie sie gekonnt eingearbeitet haben, um ihr für einen späteren Zeitpunkt noch größere Bedeutung beizumessen.
Mit Elektra bekommt man dann auch großartige Kampf-Szenen im Duett zu sehen. Auch dabei wurde nicht gekleckert sondern geklotzt. Daredevil und Elektra setzen auf die gute alte Kampfkunst mit Armen und Beinen. Das sieht nicht nur gut und gekonnt aus, sonder passt auch zum Szenario der Serie und wirkt daher nicht überladen.
Die 2. Staffel von Daredevil hat somit verdammt viel von dem, was man von einer Comicumsetzung mit Tiefgang erwarten kann. Gerade wegen der Düsternis und des sehr ersten Untertons, macht Daredevil viel Spaß und bleibt spannend. Als Comicliebhaber fühlt man sich entsprechend erstgenommen und man merkt, dass man hier ein eher erwachseneres Publikum ansprechen möchte, was der Serie sehr zu Gute kommt.
Superhelden-Comics bestehen ja oft aus Dramen, etwas Krimi gepaart mit Beziehungs- und Alltagsproblemen, sowie den obligatorischen Kampfeinlagen. Genau dies trifft auch auf Daredevil zu und bringt die Serie so gut zum Funktionieren. Daredevil ist somit durchaus eine Serie, die sich nicht nur an Comic-Fans richtet. Jeder Serienliebhaber dem Action, Crime und Drama liegen, sollte Daredevil eine Chance geben.
Ich bin schon sehr gespannt, was die Macher für die 3. Staffel planen, aber wenn man die Richtung beibehält kann eigentlich nichts schief gehen.