Viele werden sich bei der Überschrift jetzt denken: „Hä, was?“ Andere kennen sicher schon den höchst absurden Artikel „Rechtsextremer Techno – RAVEN FÜR DEUTSCHLAND“ des Bloggers Nicholas Potter auf www.belltower.news, der seit ein paar Tagen für berechtigte Empörung sorgt.
Normalerweise sollte man Artikel mit Behauptungen auch belegen können. Doch die vermeintlichen Belege, die Nicholas Potter präsentiert, sind oft nur Hirngespinste, welche angebliche rechtsextreme Verweise konstruieren. Da wird auch schon mal hart über drei Ecken gedacht, um am Ende irgendetwas in Verbindung mit rechtsextremer Symbolik zu bringen. Der Artikel strotzt nur so davon und zeugt vor allem von einem: Unkenntnis und Tunnelblick.
Techno ist kein Ort für Nazis
Die Technoszene ist wohl der letzte Ort, an dem Nazis und Rechtsextreme willkommen wären. Während bei Rechtsrock & Rechts-Rap Ansichten offen zur Schau gestellt werden, wäre dies beim Techno kaum möglich. Nicholas Potter sieht das allerdings anders und will anhand von Namen bei Künstlern, Labels, Tracktiteln und bestimmten Symbolen eben dies ausgemacht haben. Existiert also innerhalb der Technoszene sowas wie rechtsextreme Strömungen? Nein.
Und hier kurz ein Einschub. Dass es eventuell Menschen gibt, die auch Technomusik benutzen, um rechtsextremes Gedankengut einzubauen, kann ich nicht komplett ausschließen. Sind diese Menschen dann aber ein Teil der Technoszene? Wohl eher nicht. Die Technoszene agiert von selbst recht gut, wenn es um Reinigungsprozesse geht. Immer mal wieder müssen sich Acts für homophobe, sexistische oder andere kontroverse Aussagen oder Verhaltensweisen rechtfertigen. Denn für all sowas, wie eben auch rechtes Gedankengut, ist in der Technoszene kein Platz und wird nicht toleriert.
Die Technoszene ist da auch konsequent, und so würden Acts mit klar rechtsextremer Gesinnung ausgeschlossen werden. Zudem, was will eine Rechtsextremer in einer Szene, die für Offenheit, Vielfältigkeit und Toleranz steht. Eine Szene, in der Randgruppen wie Schwule, Lesben und Trans-Menschen und viele andere willkommen geheißen werden.
Und doch will Nicholas Potter solche rechten Strömungen ausgemacht haben und präsentiert mit einer Handvoll Beispielen teils seltsame Rückschlüsse, weil er vor allem die Szene dahinter nicht versteht. In dem Artikel beleuchtet er wenige Beispiele, konstruiert diese aber mit seinem Denken so um, dass daraus eine rechtsextreme Strömung in einem bestimmtem Teil der Technoszene bewiesen werden soll.
Hart aber herzlich
Nun, ich persönlich bin auch kein Fan von Dark- und Hardtechno und all diesen Spielarten. Ich bin aus dem Alter raus, wo ich es brachial und düster „auf die Fresse“ brauche. Aber so, wie der Sound ist, so sind auch die Darstellung bei Artwork oder Titeln. Apokalyptisch, martialisch und auch mal mit Kriegsästhetik. Es passt zum Sound und spiegelt natürlich die Düsternis und brachiale Soundkulisse auch bei Titeln oder Cover wider. Aber genau dies haben auch schon anderen Genres abseits der elektronischen Musik gemacht. Im Heavy Metal-Genre wird man mehr als fündig und findet dort auch noch ganz andere Symbolik vor.
Doch trotz all dieser „krassen“ Ästhetik: Auf den Dancefloors dieser Republik herrscht Frieden und Harmonie, wenn die harten Beats einsetzen. Das Publikum und die Künstler leben Techno und sein Werte offen und friedlich aus. Es geht um gemeinsame Momente, dem Rausch beim Tanz und dem kollektiven Erleben. Alles drum rum ist nur Stilmittel, aber niemals Gesinnung.
Absicht oder Unwissenheit?
Doch gehen wir mal auf die Beispiele ein, die Nicholas Potter in seinem Artikel präsentiert. So führt er als Erstes die „Blood & Honor“ EP von Marcel Paul an. Dieser hat in einem Facebookpost darauf hingewiesen, dass sich ein Schreibfehler eingeschlichen hat. Doch Nicholas Potter konstruiert daraus eine Absicht, damit man einer Zensur vorbeugt.
„So erweckt er den Eindruck, dass er mit der Schreibweise „Hornor“ eine mögliche Zensur des Titels verhindern wollte.“
Der Schreibfehler bezieht sich auf ein „r“ in Hornor, wie man auf dem Cover sehen kann. Aber ganz ehrlich, ich würde das Wort auch mehr falsch, als richtig schreiben. Aber worum geht es überhaupt? Der Begriff „Blood & Honour“ mit „ou“ ist der Name einer rechtsextremen Vereinigung, die mittlerweile verboten wurde. Seit den 80ern existiert diese ursprünglich aus Großbritannien stammende Vereinigung. Das sagt zumindest Wikipedia, und dort steht auch, was ich wiederum nicht wusste, dass die Worte Blut und Ehre, was ja die Übersetzung ist, auf den Fahrtenmessern der Hitlerjugend eingraviert waren.
Ist also die EP von Marcel Paul eine öffentliche Bekundung an den Rechtsextremismus? Wohl kaum, wenn man recherchiert, kommt man eher zu der Ansicht, dass der Name „Blood & Honor“ vielleicht nur unglücklich gewählt wurde. Vielleicht aus Unwissenheit, denn wem ist es nicht auch schon mal passiert, dass man Dinge nutzte, aber den Kontext nicht kannte. Zumindest kommt es mir hier so vor, als wäre dies in dem Fall so gewesen. Denn Hinweise darauf, dass Marcel Paul versucht, rechtes Gedankengut in seinen Tracks zu streuen, habe ich nicht gefunden. Somit scheint der Name einfach nur Unwissenheit wiederzuspiegeln. Mehr aber auch nicht.
Übrigens, es gibt auch andere Künstler die diesen Ausdruck nutzen. Sind das nun rechtsextreme Mittleralterfans?
Und auch im Spielegenre, wird man mehr als nur einmal fündig.
Der Gedankengang von Nicholas Potter wirkt also schon arg konstruiert, soll aber sein Beweis sein, das der Titel mit voller Absicht gewählt worden ist. Unterstützen will er seine Thesen zu dem wie folgt:
„Ein Einzelfall? Wohl kaum. Zu Marcel Pauls anderen Tracks gehören martialische Titel wie „Frontline“ und ein Remix von „Electrical War“.“
Wow, da hat er aber investigativ in ein „rechtes“ Wespennest gestochen. Die Namen sind genau dies, was ich schon weiter oben ausgeführt habe und auf eine gewisse Kriegsästhetik abzielen. Das macht aber niemanden zu Befürwortern von Kriegen oder gar rechtem Gedankengut. Es ist einfach ein Stilmittel in dem Genre, mehr nicht.
Das ist der Bassismuss, wo jeder mit muss
Seine konstruierte Belege gehen aber noch weiter. So schreibt er.
„Ebenfalls in die rechte Richtung interessiert ist Pauls „Feind“-Labelfreund Eugen Kunz, ein Techno-Produzent und DJ aus Koblenz, mit dem Paul zusammen produziert. Auf Kunz‘ Facebook-Profilbild posiert er vor der Reiterstatue des ersten deutschen Kaisers Wilhelm I. am „Deutschen Eck“ in Koblenz. Kurt Tucholsky sagt zu der Statue schon 1930 sehr passend: Das Denkmal sei „ein Faustschlag aus Stein“, der jenes Deutschland repräsentiere, das am Kriege schuld gewesen ist.“
Da holt man ja verdammt weit aus. Oh mein Gott, da hat sich jemand vor einer historischen Staue fotografieren lassen. Was ein Beweis. Das ist so lächerlich, dass ich an der Stelle direkt weiter mache. So wird nämlich als Nächstes ein T-Shirt mit der Aufschrift „Bassismuss“ angeprangert.
„In einem Live-Stream vom 29. März, in dem Kunz mit dem DJ „Nihad“ zusammen auflegt, trägt er ein T-Shirt mit dem Schriftzug „Bassismuss“ – ein Wortspiel auf Rassismus und Bass, das gleichzeitig auch ein „Muss“, also eine dringende Notwendigkeit, beinhaltet.“
An dieser Stelle würde ich am liebsten eines der beliebten GIFs mit einem Facepalm präsentieren, aber ich will versuchen, mich der Sache mit Ernst anzunähern. Mir scheint, als ob der Author Nicholas Potter überall „geheime Symbolik“ wittert. Wahrscheinlich würde er auch den größten Twitch-Streamer Montana Black aufgrund seines Usernamens „montanablack88“, direkt als Nazi einordnen. (88 steht für Heil Hitler in der rechten Szene. Bei Monte ist es das Geburtsjahr). Aber zurück zum „Bassismuss“ Shirt, denn das ist nur eines von vielen lustigen Wortspielen, die wir in der Technoszene mit dem Wort Bass machen. „Bass muss Liebe sein“ oder unser „Der letzte macht den Bass aus“ sind nur 2 Beispiele von vielen.
Die Diskussion, dass in dem Wort „Bassismuss“ mehr als nur ein Wortspiel drinnen stecken soll, erübrigt sich, wenn man die Technoszene etwas kennen würde. Nicholas Potter scheint dies nicht, und konstruiert auch hier eine Ableitung und Hintergründe, die einfach nicht existieren. Es ist grotesk, wie sehr er in ein lustiges Wortspiel hineininterpretiert.
Mit Vollgaaas vorbei
Wo solche verworrenen Gedanken sind, da gibt es noch mehr. Und so holt Nicholas Potter weiter aus und bringt die Truppe von Vollgaaas ins Spiel.
„Kunz veröffentlicht auch auf den Labels „Endzeit“ und „Vollgaaas“. Letzteres distanziert sich zwar von „Rassismuss“ (sic), Sexismus und Homophobie auf seiner Facebook-Seite, liefert aber in Kombination mit dem zum Label gehörenden DJ „Unmensch“ Bezugspunkte für ein rechtsextremes Weltbild.
Das „Vollgaaas“-Logo, ein geometrisches Dreieck-Design, weist zudem formale Ähnlichkeiten mit den Logos der „Identitären Bewegung“ und der „Goldenen Morgenröte“, aber auch mit den von „Blood & Honour“ und dem „Ku-Klux-Klan“ verwendete Triskele-Symbolen auf. „
An dieser Stelle musste ich erst einmal kräftig durchatmen. Denn auch hier sind die konstruierten Verbindungen dermaßen absurd, dass ich nur noch an der Verfassung des Autors zweifeln kann. Im Gegensatz zu den Anderen hier genannten Acts ist mir die Truppe um Vollgaaas geläufig, da sie ebenfalls hier im Rhein-Main-Gebiet agieren. Diesen Jungs & Mädels solche Dinge zu unterstellen, ist schon harter Tobak, und auch hier werden um drei Ecken Verbindungen konstruiert, die so nicht existent sind.
Wenn ich jetzt mal ganz stark sarkastisch an dieser Stelle sein darf, wundere ich mich schon, dass Nicholas Potter beim Namen „Vollgaaas“ keinen Bezug zum Holocaust herstellt. Aber allein, dass er das Design des Logos mit rechtsextremen und rassistischen Gruppierungen in Bezug bringt, ist schon übel genug. Denn das Logo ist einfach nur ein modernes und mit aktuell stilistischen Mittel erstelltes Logo. Minimal, funktional und wie bei vielen heutigen Logos mit verbundenen Hauptbuchstaben. Mehr ist es nicht. Es ist einfach nur „Design“, was dahinter steckt und kein rechtes Gedankengut.
Wermacht denn sowas?
Als weiterer Act wird ein junger Produzent mit dem Namen „Tim Wermacht“ herangezogen.
„Sein Name kann nur als eine Anspielung auf die nationalsozialistischen Streitkräfte verstanden werden. Gleichzeitig fungiert er auch als Aufruf zur Gewalt: „Wer macht es?““
Leider konnte ich nicht herausfinden, ob der Name „Tim Wermacht“ vielleicht sogar sein echter Name ist. Denn die ehemalige Wehrmacht im Deutschen Reich schreibt sich mit „h“. Vielleicht ist es sein richtiger Name. Vielleicht ist es ein unglückliches Wortspiel aus „wer macht“. Aber mal ehrlich, wer dann so Tracks wie „Mein Mac und ich“ oder „Wir sind Techno“ veröffentlicht, der klingt jetzt nicht unbedingt danach, mir rechtsextremes Gedankengut präsentieren zu wollen. Nicholas Potter findet aber doch noch etwas, um seine Theorie zu untermauern.
„Auch in Track-Titeln wie „Wir marschieren“ wird „Tim Wermachts“ Neigung zum Faschistisch-Militärischem deutlich. Aber auch der Titel „Huren und Söhne“ bietet Anhaltspunkte für ein misogynes Weltbild, das auf einer toxischen Männlichkeit basiert.“
Das ist schon beeindruckend, wie sehr Nicholas Potter über die „zauberhafte“ Fähigkeit verfügt, anhand eines Titels „Neigung zum Faschistisch-Militärischem“ nachzuweisen. Und da man auch sonst nicht viel Weiteres finden kann, wird auch noch die Sexismuskeule rausgeholt. Das ist ganz großes Gedankenkino, was hier abgeliefert wird. Ist also der Track „Mein Mac und ich“ eine sexuelle Fantasie eines Kapitalismus-Fetischisten?
Konstruierte Mutmaßungen
Alles, was der Autor uns in seinem Artikel präsentiert, sind Mutmaßungen und eigene Interpretationen, die er mit vielen konstruierten Verweisen untermauern will. Es führen keinerlei Verweise zu Strukturen oder Gruppierungen, die eindeutig rechtsextrem sind. Seine Vermutungen und Mutmaßungen zeugen vor allem von viel Unwissen über die entsprechende Szene und zeigt, wie sehr er selbst seine Wahrnehmung der Dinge beeinflusst.
Es gab im Artikel eine einzige Sache, die ich auch sehr grenzwertig fand. So führt er in einem Nebensatz an, dass der bulgarische Produzent Grozdanoff einen Track mit dem Namen „Gas Chamber“ veröffentlicht hat. Der Name und die Assoziation dahinter ist in meinen Augen geschmacklos. Allerdings habe ich auch hier keine Bezüge gefunden, die den Produzenten mit Rechtsextremismus in Verbindung bringen. Zudem geht man mit der „deutschen Vergangenheit“ außerhalb von Deutschland teils „sehr“ anders um. Somit ist auch dieses Beispiel kein Beleg für echte rechtsextreme Strömungen in der Technoszene, schon gar nicht hier in Deutschland.
Das genaue Gegenteil
Rechtes Gedankengut wurde und wird von der Technoszene ausgeschlossen. Techno ist das genaue Gegenteil von rechten Ideologien und durch die eigene Ausrichtung total konträr und inkompatibel dazu. Sollte es also da draußen wirklich Menschen geben, die Techno mit rechtem Gedankengut mischen, dann sind diese eher in der rechten Szene zu Hause, aber nicht in der Technoszene. Ich kenne keinen Veranstalter und keinen Club, der es zulassen würde, das solches Gedankengut musikalisch, wie auch symbolisch verbreitet wird. Das ist ein no go.
Dass Künstler bei der Namensgebung mal ins Klo greifen, kann in alle Richtungen passieren. Unwissenheit kann jeden treffen, beim Versuch den coolsten Tracknamen zu finden. Aber absichtlich fehlgeleitete Interpretationen abzugeben, um irgendeinen rechten Bezug herzustellen, das ist ein sehr verblendetes Vorgehen. Denn der Artikel von Nicholas Potter versucht etwas zu konstruieren, was so nicht vorhanden ist. Wo andere Redakteure recherchieren, um Aussagen zu belegen, schreibt Nicholas Potter nur seine eigenen Mutmaßungen und Interpretationen nieder. Echte Belege zeigt er nicht auf, steckt aber Leute und Gruppierungen in aller Öffentlichkeit in ein „rechtes“ Licht. Na danke, solche Artikel braucht es nun wirklich nicht.
Euer Grille
Update und Anmerkung: Es gibt bezüglich der Vorwürfe, Reaktionen der Betroffenen. Hier ein paar Auszüge daraus. Leider hat der Autor des Artikels es geschafft, Zweifel zu sähen und so hat das Label Feind die Zusammenarbeit mit Marcel Paul beendet. Das spielt dem Autor natürlich in die Hände. Dieser präsentiert das Ergebnis seiner unseriösen Arbeit in einem Update, verschweigt aber andere wichtige Klarstellungen, die seinen Text widerlegen. Mit Journalismus hat dies nichts zu tun und zeigt offen und klar, das man seine engstirnige Weltanschauung unbedingt und ohne Kompromisse durchboxen will. Für anwaltlich Schritte sollte dies mehr als ausreichend sein. Vor allem auch deswegen, weil das Label Feind aktuell auf Beatport und Spotify gelöscht ist, da es als „Rechtsradikal“ gemeldet wurde. So berichtet mir Label-Chef Eugen Kunz.
Quelle: www.facebook.com/FEINDTECHNO/posts/1483836388467954
Quelle: www.facebook.com/FEINDTECHNO/posts/1483836388467954
Update: Der Autor hat seinen Artikel, um einen Part ergänzt:
„In einem weiteren Foto auf Facebook, das bis kurz nach Veröffentlichung dieses Artikels noch öffentlich zu sehen war und der Belltower.News-Redaktion vorliegt, trägt Kunz einen Hitlerbart. „Mist…Akku vom Rasierer ist leer gegangen!!!“, schreibt er dazu.“
Der Autor ändert seinen Text extra ab, um ein Hitlerbart-Joke-Foto zu erwähnen, bringt es aber trotz Kenntnisstand nicht hin darauf hinzuweisen, das es auch ein Foto gibt auf dem man Eugen Kunz mit einem Transparent der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ zeigt.
3 Kommentare
Danke Grille. Jemand der es verstanden hat und auf unterhaltsame Weise diesen Bullshit auseinander genommen hat. Danke.
Also inwiefern das jetzt eine Richtigstellung deinerseits gewesen sein soll, ist mir schleierhaft. Der Artikel auf Belltower News war recheriert und konnte das sogar mit Beweisen belegen. Schau dir doch einfach auch die Screenshots an. Deine „Richtigstellung“ beruht lediglich auf Gefühlen, der Tatsache, dass du es besser wissen musst, weil du ja schon so lange dabei bist und der Annahme, dass die armen Künstler es einfach nicht besser wussten.
Wer ernsthaft nicht weiß, dass es sich bei Blut & Ehre (Blood & Honour) um Nazisprech handelt und Namen wie Wermacht in Schutz nimmt oder als Unwissenheit abtut, macht sich damit zum Helfer. Auf das Hilterbartfoto wird deinerseits ja auch überhaupt nicht eingegangen. Die genannten Labels haben sich ja, wie den Updates zu entnehmen, auch schon von den Künstlern distanziert oder Statements veröffentlich. Sie sind da also scheinbar sensibler mit solchen Themen als du. Besonders schlimm noch der Hinweis, dass „Gas Chamber“ ja im Ausland anders gehandhabt wird. Ausflüchte über Ausflüchte deinerseits.
Du musstest ja mehrere Male schwer durchatmen bei diesem Artikel. Das nächste Mal bitte bei geöffnetem Fenster. Dann wäre dir vielleicht auch aufgefallen, dass es in dem Artikel nicht darum geht, dass es sich hierbei um zwingend um Rechtsradikale handelt, sondern, dass auch seitens Rechtsradikaler versucht wird sich Codes und Ästhetiken anzueignen um diese für das eigene Klientel ansprechend zu machen. Wie vorher schon bei Skinheads und Rap. Dass diese Endzeitästhetik dann gerne aufgegriffen wird, wird erwähnt. Wenn es dann noch Künstler gibt, die, laut dir, es ja einfach nicht besser wussten (also ob), stößt das noch auf viel fruchtbarerer Boden. Und genau darum ging es. Es gibt scheinbar Versuche den Techno/Dark Techno zu nutzen und gegen diese muss man vorgehen. Wie die Labels dann ja teilweise auch getan haben.
Was nicht hilft, ist jemand, der das alles noch in Schutz nimmt, weil er nicht mitbekommen hat, wie rechte Agitation abläuft.
Hey Ronny,
mein Artikel ist keine Richtigstellung, denn ich bin keiner der Betroffenen, die dies machen könnten. Mein Artikel ist vor allem ein Kommentar, der einen anderen Blickwinkel und Schlussfolgerungen hat.
Der Artikel auf Belltower News, ist noch nicht mal Journalismus ganz schlechter Schule, er ist viel schlimmer. Denn alles, was da recherchiert wurde, waren Oberflächlichkeiten und wurde dann mit Mutmaßungen, Unterstellungen und Interpretationen des Autors zusammengefasst. Das Schlimme daran, das in der Art und Weise Dinge, als Fakt hinstellt, aber in keinster Weise bewiesen wurde. Es wurden keine echten Verweise oder Belege vorgelegt, welche darlegen, dass die angesprochenen Atcs & Labels in irgendeiner Form „rechtes“ Gedankengut feiern, verbreiten oder gutheißen.
Stell dir mal die Frage, ob Du in jedem Speech oder Symbolik, egal ob von links, rechts oder z.B. religiös, vertraut bist? Ich bin es nicht und ich habe im Lauf der Jahre viele Leute kennengelernt, auch aus meiner Generation, denen viele Zusammenhänge bei vielen Dingen nicht bewusst waren.
Selbst ich, der sich viel über tagesaktuelles und politisches informiert, lerne immer wieder Neues dazu oder bemerke, das mir Dinge zwar bekannt sind, aber nicht die Hintergründe dazu. Es ist also ein Unding, dass jeder da draußen fähig ist „Nazispeech“ direkt einzuordnen.
Kleiner Tipp sprich mal „Tim wer macht“ und „Tim Wehrmacht“ laut aus. Die mittlerweile abgegebene Erklärung zum Ursprung des Namen, hat der Autor ja nicht ergänzt, obwohl diese mit dem Statement des Labels Feind vorlag. Denn dieses hat er extra in einem Update erwähnt. Er nennt nur Dinge, die ihm und seiner Darstellung in die Hände spielt. Dinge die seine Arbeit widerlegen oder zumindest in ein anderes Licht rücken, lässt er absichtlich weg.
So auch beim Part, mit dem Hitlerbart Foto, dass er erst viel später in den Artikel eingebaut hatte.
Zitat: „In einem weiteren Foto auf Facebook, das bis kurz nach Veröffentlichung dieses Artikels noch öffentlich zu sehen war und der Belltower.News-Redaktion vorliegt, trägt Kunz einen Hitlerbart. „Mist…Akku vom Rasierer ist leer gegangen!!!“, schreibt er dazu.“
Jemand möge den ersten Stein werfen, der noch nie ein „Hitlerbärtchen“ im lustigen Kontext benutzt hat, oder gar eine Parodie auf Hitler machte. Am besten direkt auch mal einen Artikel über Jan Böhmermann schreiben, wegen seiner Addi-Parodie.
Der Autor ändert seinen Text extra ab, um ein Hitlerbart-Foto zu erwähnen, bringt es aber trotz Kenntnisstand nicht hin darauf hinzuweisen, das es auch ein Foto gibt, auf dem man Eugen Kunz mit einem Transparent der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ zeigt. In meinen Augen will der Autor hier eine Hexenjagd starten, aber keine inhaltliche und faire Auseinandersetzung.
Was den Titel „Gas Chamber“ angeht habe ich diesen verurteilt. Der Hinweis, dass man im Ausland teils einen anderen Umgang mit der deutschen Geschichte hat, ist aber ein Fakt. Dieser wurde nur zur Einordnung erwähnt, bedeutet aber keine Legitimierung für solche Art von Tracknamen. Ich wurde selbst schon in Singapur vom Taxifahrer mit „heil Hitler“ begrüßt, als er erfuhr, dass ich aus Germany komme. Der Titel bleibt ein absolutes „no go“.
Wenn es ihm nur um „Symbolik“ die fehl am Platz ist, oder den Einfluss rechter Ästhetik gegangen wäre und dem Aufzeigen, dass sowas in bestimmten Genres rein schwappt, dann hätte er den Artikel anders schreiben sollen.
Er unterstellt, dass man extra einen Schreibfehler eingebaut hat, um nicht zensiert zu werden. Er behauptet das jemand „Neigung zum Faschistisch-Militärischen“ habe, ohne einen belegbaren Beweis zu erbringen. Er deutet einem Logo, die absichtliche Nähe zu rechten oder rassistischen Gruppierungen bzw. deren Inspiration an.
Er hinterfragt nicht, sieht nur seine Perspektive und präsentiert diese als Fakt. Er verurteilt gar und bemüht sich zudem, den Künstlern und Label das Leben schwer zu machen. Zudem zeigt er ja auch, durch das bewusste Weglassen von Informationen, das es ihm nicht daran gelegen ist, fair und offen mit dem Thema umzugehen. Ganz schlechter Stil. Journalistisch wie auch menschlich.